Da werden alle Augen groß
Die boom-explosion! Mascara
Sie sind „bold“ – mutig, kolossal, wie eine Bombe, perfekt, wie eine Queen und auf jeden Fall schön. Sie versprechen die irrsten Effekte von verlängernd bis zum Wahnsinns-Volumen mit einer Million Wimpern, einem „false-lash-effect“ oder einer Vulkan Explosion. Es gibt wohl kein Kosmetik Produkt, welches noch kleiner ist und noch mehr verspricht – die Mascara.
Sie sind schwarz, schwärzer, extrem schwarz, spektakulär schwarz, nachtschwarz … kein Superlativ, der nicht schon in der Mascara vorgekommen wäre. Dabei ist das Auftragsareal – die Wimpern – noch nicht mal besonders groß, und das Produkt auch nicht. Sind es also mal wieder die Kleinen, die durch besonders laute Sprüche auffallen?
Wimpern sind nicht nur schön
Unsere Augen werden von Wimpern umrandet, die uns schützen sollen. Vor kleinen Insekten oder anderen Dingen, die ins Auge gehen könnten. Sie verschatten an hellen Tagen auch das Auge und, wenn wir es zusammenkneifen und durch die Wimpern blinzeln, können wir schärfer sehen. Wimpern sind also sehr nützlich und nichts ist schlimmer als wenn sie uns ausfallen sollten. Dabei gehören Wimpern zu den so genannten Hautanhangsgebilden – den Haaren – und unterliegen wie diese auch, einer regelmäßigen Erneuerung. Es ist also ganz normal, wenn ab und zu mal eine Wimper ausfällt.
Große Augen sind sexy
Je größer, desto schöner – das gilt für die Augen und überträgt eine ganz andere Art der Erotik als der Lippenstift. Stellen wir uns doch nur eine verschleierte Muslima vor, die mit groß geschminkten Augen und dichten, schwarzen Wimpern das ganze Repertoire eines Flirts durchlaufen kann ….
Große Augen sind ein Zeichen von Gesundheit und Wachheit und wir korrelieren dieses sozusagen instinktiv mit Schönheit. Kein Wunder also, dass alles, was die Augen groß macht so begehrt ist.
Mascara umhüllen die Wimpern mit einer dünnen Schicht Farbe
Tragen wir nun also eine Mascara auf, umhüllen unsere (vielleicht nicht ganz so dunklen) Wimpern mit Schwarz bis zu den Spitzen, sehen wir den Effekt sofort. Die Wimpern wirken länger und dichter und die Augen insgesamt größer. Dies ist ein Versprechen, das jede Mascara hält. Warum dann aber immer mehr Volumen? Immer mehr Länge? Immer besseres Auftragsverhalten? Wischfest und wasserfest – was soll man denn nun nehmen?
Mascara wasserfest oder nicht?
Die Grundrezeptur einer Mascara ist erschreckend banal und technisch am einfachsten mit einer Pigment-Wachsdispersion zu beschreiben. Die wichtigste Unterscheidung ist in wasserfeste und wasserlösliche Mascara.
Wasserfeste Mascara enthalten in der Regel Isododecan, einen flüchtigen Kohlenwasserstoff, der schnell „verdunstet“ und zurück bleibt die nun wasserunlösliche Farbdispersion auf den Wimpern. Diese Mascaras eignen sich gut im Sommer und für alles was mit Wasser zu tun hat – vom Schwitzen und Schwimmen bis hin zum rührseligen Liebesfilm. Natürlich haben sie Nachteile, die wichtigsten sind, dass sie häufig „abklatschen“, das heißt die schwarze Farbe kommt unter die Augen und ergibt die sogenannten „Panda Augen“. Das passiert, weil auf dem Augenlid ein ganz feiner Fettfilm gebildet wird. Aber auch die Augen- oder Tagescreme oder gar der Lidschatten kann diesen Effekt verstärken. Das erklärt nun auch logisch, dass das Abschminken mit ölhaltigen Produkten erfolgen sollte.
Mascara, die wasserlöslich sind, verlaufen heute aber nicht mehr mit der ersten kleinen Träne. Sie enthalten zusätzlich zu den Pigmenten und Wachsen Wasser, Emulgatoren und Filmbildner (wie Gummi Arabicum zum Beispiel). Über letztere lässt sich die Haltbarkeit (und natürlich auch die Entfernbarkeit) ziemlich gut steuern. Und das Entfernen funktioniert in der Regel auch ganz einfach.
Mascara – nicht allein die Formel ist das Produkt
Mascara sind ein Produkt, bei dem vor allem die Verpackung darüber entscheidet, wie gut das Produkt wirklich ist. Es muss das Zusammenspiel von Formel, Bürstchen und Abstreifer stimmen, denn sonst wird entweder zu viel oder zu wenig Produkt aufgetragen und das Ergebnis ist unbefriedigend. Das Bürstchen ist auch mit entscheidend, ob eine Mascara eher die Wimpern verlängern soll oder Volumen aufbringt. Und nicht wenige Hersteller werben gerade mit dem tollen Bürstchen.
Damit aber nichts ins Auge geht…
Absolut wichtig aber ist, dass die mikrobiologische Sicherheit (also der Schutz vor Verkeimung) gegeben ist, sowohl durch eine ausreichende Konservierung als auch durch einen „Originaltitätsschutz“, damit man wie bei der Zahnpasta sicher sein kann, dass noch niemand anderes das Produkt geöffnet hat. Aber dadurch, dass wir Verwenderinnen dieses Bürstchen in die Masse schieben, herausziehen, Mascara auftragen und wieder (mit allen möglichen Keimen) in die Masse hineinschieben – stehen den Herstellern sprichwörtlich die Haare zu Berge. Damit nun wirklich nichts ins Auge geht (vor allem keine Keime – siehe auch Konservierungsstoffe in Kosmetika), wird die Haltbarkeit nach dem Öffnen meist mit nur 6 Monaten angegeben. Wild das Bürstchen rein- und rausschieben sollte man auch nicht, will man länger was von der Mascara haben, denn dieses „Luftpumpen“ führt eher zum Verklumpen der Mascara-Masse.
Aber soll ich jetzt lieber die wasserfeste Volumenmaximierung wählen oder die grandiose Länge? Die neue Bürstchen-Technologie oder lieber die goldene Verpackung? Preiswert oder teuer? Das sollte jeder Frau selber überlassen sein, denn eins ist auch bei diesem „kleinen“ Produkt sicher: der mit dem größten Versprechen muss nicht der Beste sein.
Foto: ©Laura Pürner
Autor dieses Artikels:
Dr. Ghita Lanzendörfer-Yu ist promovierte Chemikerin und Expertin auf dem Gebiet der Entwicklung und Produktion von Kosmetika. Sie bringt mehr als 16 Jahre Erfahrung in der kosmetischen Industrie mit sowie vier Jahre freiberufliche Erfahrung in Shanghai, China.
Urheberrecht: Dr. Ghita Lanzendörfer-Yu. Verwendung des Textes nur mit schriftlicher Genehmigung des Autors.
Dieser Artikel wurde verfasst am 10. Juli 2012
von Ghita_Yu in der Kategorie Geheimnis Kosmetik
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2 Antworten zu “Die boom-explosion! Mascara”
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Jessi
10. Juli 2012 um 08:52
„Das sollte jeder Frau selber überlassen sein, denn eins ist auch bei diesem „kleinen“ Produkt sicher: der mit dem größten Versprechen muss nicht der beste sein.“
Ach bitte, es ist doch DIE Wimperntusche, also auch DIE Mascara….
„die mit dem größten Versprechen muss nicht die Beste sein.“
Woher kommt bitte „der“ ? -.-
Rea
10. Juli 2012 um 17:51
Jessi, konsultier doch mal ein Wörterbuch – zu Mascara kann man nämlich sehr wohl auch „der“ sagen.
Jetzt mal ganz zu schweigen davon, dass du glaube ich den Witz hinter dem Satz nicht verstanden hast 😉