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Die Macht der Handelsketten

6:30. Der Radiowecker knarrzte und schlaftrunken lauschte ich den Nachrichten. Doch schlagartig war ich hellwach: „…. verhandeln Budnikowsky und Edeka, um eine eigene Drogeriekette zu etablieren…“. Endlich mal eine gute Nachricht und fröhlich startete ich in den Tag (1).

©iStock.com/Fascinadora

Foto: ©iStock.com/Fascinadora

Bei Drogerie denken wir heute an Schlecker (pleite), dm (Markführer), Rossmann, Müller oder Budnikowsky. Kaum einer denkt noch an einen Laden, der ähnlich wie eine Apotheke ausgestattet war. Früher bekam man in Drogerien nämlich „Drogen“: Lösungsmittel, Kräuter, Damenbinden, Fotografiezubehör oder Putzmittel (2) und Beratung.

Historische Drogerie aus dem 19. Jh.

Quelle: www.flickr.com
Urheber: ponte1112

Und der Beruf eines Drogisten war ein Ausbildungsberuf mit anerkanntem Abschluss (3-5). Heute sind „Drogisten“ häufig nur bessere Regaleinräumer. Die zahllosen arbeitslosen „Schleckerfrauen“ sind ein trauriges Beispiel dafür.

Von der Drogerie zum Markt

Ihr Siegeszug begann etwa zeitgleich mit der Fotografie 1872, allerdings waren sie die Konkurrenz zur Apotheke, denn in Drogerien durften Kräuter als Arzneidrogen verkauft werden. Und so waren die meisten Drogerien, die ich aus meiner Kindheit erinnere, auch noch gleich neben einer Apotheke angesiedelt.

Drogeriemarkt

Quelle: www.flickr.com
Urheber: Dierk Schaefer

Ach ja und die Selbstbedienung war ebenfalls noch nicht Standard, Supermärkte noch nicht „erfunden“. Aber mit den Supermärkten, die dann auch das Sortiment einer Drogerie mit anbieten durften, begann der Wandel. Drogerie-Einzelhändler hatten es immer schwerer und die sogenannte „economy of scale“ bereitete den Drogeriemärkten den Boden (6). Und einer der erfolgreichsten unter ihnen ist Götz Werner, der selbst Drogist 1973 seine erste Drogerie eröffnete (7, 8).

Der Markt und die Marke

Meine Freundin Sinian zeigte mir auf ihrem Smartphone ein Bild von einer Body Lotion, die sie für Freunde in China besorgen sollte. Ob ich die Marke kennen würde. Klar, sagte ich: Handelsmarke von dm. Aber wollen deine Freunde echt eine Handelsmarke? Ja, antwortete sie. dm hat es also geschafft (siehe auch: Meine Produktsuche im Billimarken-Dschungel und Die Marke). Wenn die eigene (billigere) Handelsmarke einer anderen (etablierten und meist teureren) Marke vorgezogen wird, hat man es geschafft. Man kann den Markenherstellern diktieren, was und wo sie etwas in den Markt stellen dürfen. dm besitzt immerhin 21 (!) eigene Marken (9).

Von der Marke und dem Monopol

Und genau das passiert. In den Drogeriemärkten stehen in der gut sichtbaren Zone (Augenhöhe) die eigenen Marken. Die „richtigen“ Marken muss man lange suchen, wenn sie denn überhaupt noch ins Regal gestellt werden (siehe auch: Wo kaufe ich Kosmetika am besten ein?). Das ist natürlich nicht neu, denn in den USA ist das schon lange so. Dort wollen die Verbraucher „value for money“, was eigentlich heißt: wenig zahlen viel bekommen und damit eine euphemistische Beschreibung des „Geiz ist geil“-Prinzips ist. In YouTube Videos werden „hauls“ verbreitet  (10 – 12). Für relativ wenig Geld viel einkaufen und der Fan-Gemeinde vorstellen. Das ist wahrscheinlich für die Analysten von Consumerverhalten interessanter als für andere (siehe auch: Frau Yu nimmt ihr Einkaufsverhalten unter die Lupe). Im Zuge der Internetpräsenz von Influencern, die z.B. zeigen, wie man sich schminkt, steigt aber der Umsatz von Make-up Produkten insgesamt. Jedes neue YouTube Video beschert den Drogeriemärkten mehr Geschäft (13).

Infografik - Branchenumsatz mit Kosmetik und Körperpflege

Quelle: statista

Strategien der Markenhersteller

Im Bereich des Supply Chain Managements (SCM) sind Hersteller und Märkte eng miteinander verzahnt (14). In großen Warenverteilzentren werden die Produkte für die Märkte bereitgestellt (15), die Verwaltung und Nachbestellung verläuft online und „automatisch“. Dieser Bereich des Handels wird immer enger getaktet, da sich dort noch Kosten einsparen lassen (16). In der Regel fliegen Produkte, die sich nicht so schnell verkaufen wie gewünscht, aus den Regalen. Wir Konsumenten bekommen also nur noch die „Schnelldreher“ angeboten. Was also tun, wenn ein Produkt neu oder „speziell“ ist?
Viele Markenherstellen bieten auf ihren eigenen Internetseiten alle Produkte und Beratung an. In Hamburg gibt es das Nivea-Haus (17), das nicht nur die Produkte, sondern die gesamte Nivea-Welt erlebbar machen soll. Und L’Oréal setzt außer auf Internetpräsenz auf Exklusivität bei dm (siehe auch: Do it your way – So richtig bunte Haare).  (Die Deutschlandniederlassung von L’Oréal ist in Karlsruhe, genau da, wo der Hauptsitz von dm ist – honi soit qui mal y pense ;-))

Das Monopol brechen?

Ja, wenn nun Budni und Edeka (18)? – vielleicht kommt da was ganz Tolles raus. In meiner Vorstellung sehe ich einen Markt, voll mit „echten“ Markenprodukten…. Ein Traum, denn beide haben natürlich auch eigene Handelsmarken. Und wahrscheinlich, da ja Beiersdorf und Budni beide ihren Firmensitz in Hamburg haben, kommt da eine weitere strategische Partnerschaft heraus.

Da bleiben noch wir – Verwenderinnen, Konsumentinnen. Wenn wir etwas anderes als die „Schnelldreher“ haben wollen, dann müssen wir es auch kaufen: die kleinen, vergessenen oder noch nicht entdeckten Schätzchen. Und nicht im Supermarkt oder bei den großen Drogerieketten. Der Haul ist out – es lebe die Schatzsuche z.B. hier www.dejayu.de!

Literaturliste:

(1) www.handelsblatt.com
(2) de.wikipedia.org/wiki/Drogerie
(3) planet-beruf.de
(4) www.drogistenverband.de
(5) www.drogistenverband.at
(6) de.wikipedia.org/wiki/Skaleneffekt
(7) books.google.de
(8) de.wikipedia.org/wiki/G%C3%B6tz_Werner
(9) www.wer-zu-wem.de
(10) de.wikipedia.org/wiki/Haul-Video
(11) www.youtube.com
(12) www.youtube.com
(13) www.zeit.de
(14) www.computerwoche.de
(15) www.dvz.de
(16) www.inverto.com
(17) www.nivea.de
(18) www.abendblatt.de

Weiterführende Links:

www.stern.de
www.rundschau-online.de
Schleckerfrauen heute

Autor dieses Artikels:
Dr. Ghita Lanzendörfer-Yu ist promovierte Chemikerin und Expertin auf dem Gebiet der Entwicklung und Produktion von Kosmetika. Sie bringt mehr als 16 Jahre Erfahrung in der kosmetischen Industrie mit sowie sieben Jahre freiberufliche Erfahrung in Shanghai, China und Mülheim adR.

Urheberrecht: Dr. Ghita Lanzendörfer-Yu. Verwendung des Textes nur mit schriftlicher Genehmigung des Autors.

Dieser Artikel wurde verfasst am 6. Juni 2017
von in der Kategorie Geheimnis Kosmetik

Dieser Artikel wurde seitdem 1621 mal gelesen.

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