Testbericht
Kein kompaktes Feuchtbiotop
Schminken wie eine ägyptische Göttin in Frankreich mit SOTHYS Paris
Was ist der Seine und dem Nil gemeinsam, was verbindet den Eiffelturm in Paris und die Pyramiden von Gizeh? Ich muss Euch leider enttäuschen, denn diese etwas bizarre Fragestellung stellt nicht den Auftakt einer billigen Kopie der Quizsendung „Wer wird Millionär?“ in Form eines Testberichts dar, sondern ist dazu gedacht, für einen winzigen Augenblick die dank des anspruchvollen TV-Programm eingerosteten Hirnzellen auf Trab zu bringen. Wem dazu spontan die gültigen und zudem korrekten Antworten Flüsse und Weltwunder einfallen, darf sich schon mal auf einen Blumentopf inklusive Mitropa-Kaffeemaschine freuen. Intelligenzbestien hingegen würden mir wiederum die Gegenfrage stellen, warum die zentralen Orte der Gewässer und der Bauwerke faktisch gesehen Frankreich und Ägypten sind. Ja, warum ausgerechnet Frankreich und Ägypten? Warum nicht das Taka-Tuka-land und Lummerland?
Weil der Aqua-Brillianz Lippenstift Reflet de corail Nr. 2 von SOTHYS, der Teil der aktuellen Frühjahr/Sommer-Make up Kollektion „Farbspiele in Sand“ ist, rein zufällig eine Synthese von Okzident und Orient darstellt. Obwohl in Frankreich produziert, wird die obere Kappe der eckigen und kupferfarbenen Lippenstifthülse mit einer antiken ägyptischen Abbildung der Göttin Sodpet oder auch Sothis, eine Verkörperung des Sterns Sirius, geschmückt.
Ihr Name bzw. der Name des Herstellers lässt sich sowohl auf der Unterseite der Verpackung, als auch auf dem metallisch-grauen Gewinde des Drehmechanismus entdecken. Zwar komme ich bei meiner Suche auf der Verpackung nach Angaben die Grammzahl und INCIs betreffend zu keinem Ergebnis, doch eine ausgedehnte Recherche direkt vor der Haustür bzw. bei pinkmelon.de bringt mich in der Hinsicht um einiges weiter. Ich bin allerdings enttäuscht. Man hat es doch tatsächlich gewagt, keine kostbaren Nilwassertropfen für die 3,5 g leichte Stiftmasse zu verwenden. Betrug! Stattdessen zog man es vor, Rizinusöl, farbilluminierenden Aktivstoffen und Glimmerpartikeln zu vermischen.
Letztere wurden allerdings auch ohne Hinweis offensichtlich, denn wenn man sich eingehender mit dem Innenleben des Lippenstifts beschäftigt, fallen ohne Umschweife die goldenen Partikel, umschlossen von einem intensiven Korallenrot, auf. Allerdings stechen sie beim Auftrag direkt auf den Lippen nicht hervor, da sie äußerst winzig sind und nicht negativ zur Geltung kommen. Man muss sich demnach keine Sorgen wegen störenden Schimmerpartikeln machen, die sich penetrant in den Lippenfältchen absetzen oder sich unschön an den Außenrändern ansammeln.
Nachdem ich die Lippenfarbe ruhigen Gewissens aufgetragen hatte, wurde mir neben der Weichheit der Textur auf Anhieb die Transparenz des Rots bewusst, das sich wie ein Hauch auf meinen Lippen legt. Fast habe ich den Eindruck, als hätte ich durch das sanfte Rubbeln mit einer Zahnbürste die Durchblutung angekurbelt oder zu lange geküsst. Ein Kuss mit einem attraktiven Mann wäre sicherlich aufregender gewesen, aber man kann nicht alles haben. Ich kann zumindest von Glück reden, dass der Farbton im Ansatz zu erkennen ist. Gar nicht auszudenken, was der Fall gewesen wäre, wenn ich weniger blasse Naturlippen gehabt! Dann hätte ich höchstwahrscheinlich nur den umwerfenden, feuchten Glanz, der voll und ganz der Bezeichnung „Aqua-Brillianz“ entspricht, positiv vermerken können. Trotz der glossartigen Konsistenz ist das Tragegefühl überraschend angenehm. Die Formel ist nämlich weder als klebrig noch als beschwerend zu charakterisieren.
Trotzdem musste ich bei zwei signifikanten Punkt Abstriche machen. Zum einen sind die Pflegeeigenschaften des Lippenstifts nur als durchschnittlich zu bewerten. Meine Lippenhaut trocknete im Verlauf des Tages leicht aus, sodass ich gezwungen war, vor jedem Auftrag einen Lippenbalsam zur Reduktion des Risikos von schlimmeren Austrocknungserscheinungen zu benutzen. Zum anderen ließ die Haltbarkeit zu wünschen übrig. Ähnlich einem Gloss verflüchtigt sich die Intensität des Glanzes ohne eigenes Dazutun, d.h. ohne Einbeziehung des Nahrungsbedürfnisses, sodass nur eine minimale Rotfärbung der Lippen zurückbleibt. In dem Fall empfiehlt sich ein erneutes Auflegen des Lippenstifts, was logischerweise im Laufe des Tages mehrmals vonnöten sein kann. Frage: Wieso hat man nicht mehr Aufwand in die Optimierung der Pflege und Haltbarkeit gesteckt? Ganz unter uns: Die Damen und Herren von SOTHYS Paris hätten diesbezüglich ihre ägyptische Schutzgöttin um Rat und Tat bitten können. Man hätte ihr doch nur ein paar deftige Froschschenkel, Weinbergschnecken und Champagner opfern müssen.
Wären alle Kriterien erfüllt worden, wäre mein Gesamturteil ausnahmslos positiv ausgefallen. Denn faktisch gesehen darf man für den stolzen Verkaufspreis von 20 €, der bei manchen eventuell das monatliche Budget für Kosmetik sprengt, Perfektion erwarten. Auch wenn ich ihn trotz allem mag, kann ich den Aqua-Brillianz Lippenstift Reflet de corail Nr. 2 aufgrund der leider nicht zu verleugnenden Makel ausschließlich den Damen ans Herz legen, die sowohl mit robusten Lippen ausgestattet wurden, als auch Sympathien für einen natürlichen Look hinsichtlich des täglichen Make ups aufbringen.
Dieser Artikel wurde verfasst am 14. März 2010
von Mylanqolia in der Kategorie Lippenstift
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Resümee dieses Testberichts
XXXXX | hat eine angenehme Konsistenz |
---|---|
XXXOO | äußerlich sichtbare Farbe entspricht Farbeindruck nach Auftrag |
XXXOO | gute Deckkraft |
XXXXX | riecht nicht muffig, bitter oder seifig |
XXXOO | gute Haftfestigkeit |
Gesamtwertung: 3,8 von 5,0
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