Pinkmelon

Lippenpflege: Nicht nur im Winter aktuell

„Waldspaziergang“ schlug mein Göttergatte vor, um dann gleich mit zügigem Schritt vorauszueilen. Ich hastete hinter ihm her und die eisige Morgenluft wehte mir ins Gesicht. Am Ende des Spaziergangs fuhr ich mir keuchend über die Lippen: trocken und rau. Wieder und wieder fuhr ich mit der Zunge über die Haut – doch es wurde nicht besser. Speichel ist eben kein Lippenpflegestift. Doch hilft Lippenpflege wirklich? Macht sie nicht eher süchtig?

Die Lippen sind ein ganz besonderer Teil  unseres Gesichtes – und der beanspruchteste. Wir lächeln, küssen, sprechen,  tasten, trinken und essen und manchmal kneifen wir die Lippen auch zusammen. Das alles geht, weil ringförmig um den Mund herum der Muskel Musculus orbicularis oris liegt. All das wird natürlich beeinträchtigt durch spannende, raue Lippen. Von aufgeplatzten Stellen ganz zu schweigen. Was hat es mit der Pflege nun auf sich?

Lippen sehr empfindlich

Nicht nur die Lippen selber sondern auch ihre Haut ist besonders. Sie ist anders als die „normale“ Haut, denn sie ist sehr dünn und besitzt kein subcutanes Fettgewebe, keine Talg- und Schweißdrüsen und keine Melanozyten (bei Hellhäutigen). Die Epidermis selber besteht auch aus weniger Zellschichten als die normale Haut. Fachleute sprechen deswegen bei der Lippenhaut auch gerne von semi-mucosa, Halbschleimhaut.
Um die Lippen geschmeidig zu halten, fahren wir unbewusst immer wieder mit der Zunge darüber und verteilen Speichel auf der Haut. Diesen Mechanismus können wir genauso wenig beeinflussen wie das Blinzeln. In der Regel reicht das zur Pflege auch aus. Allerdings brauchen die Lippen Schutz, wenn wir draußen unterwegs sind. Motorradfahrer kennen den wind-chill, der schon mal böse Austrocknungen und/oder leichte Verbrennungen verursachen kann. Trockene, spröde oder gar rissige Lippen sind die Folge.

Lippenpflege

Vorsorge ist auch hier das beste (Heil-)Mittel, denn wer seine Lippen pflegt, der riskiert erst gar keine spröden Lippen. Lippenpflegeprodukte gibt es in allen möglichen Formen: als Gel in der Tube oder Tiegel oder als Stift. Natürlich gibt es auch wasserhaltige Produkte in Form von Cremes. Nicht zuletzt ist aber auch ein farbiger Lippenstift pflegend. Bei längeren out-door Aktivitäten im Sommer und Winter sollte man unbedingt auf eine Lippenpflege mit UV-Schutz achten und im Winter oder bei wind-chill wasserhaltige Produkte vermeiden. Diese kühlen durch die Verdunstung von Wasser zusätzlich und das kann schon mal sehr unangenehm werden.

Macht Pflege süchtig?

Die wichtigsten Rohstoffe für die Lippenpflege sind okklusive Kohlenwasserstoffe. Darunter verbergen sich zum Beispiel Paraffin und Vaseline (siehe auch: „Gegen trockene Haut, was hilft?„), die sich in der INCI unter Paraffinum liquidum und Petrolatum finden. Da aber die „natürlichen“ Kohlenwasserstoffe immer mal wieder ins Gerede kommen, werden auch häufig synthetische eingesetzt wie z.B. Polybutene, Polyisobutene oder Hydrogenated Polydecene. Weiterhin werden auch noch andere Öle eingesetzt: Pflanzenöle, Ricinusöl, Squalan, synthetische Ester. Und natürlich sind in vielen Lippenpflegeformulierungen auch Wachse enthalten: Bienenwachs, mikrokristallines Wachs, Canaubawachs oder auch „exotische“ Wachse von Beeren oder Orangen.

Alle diese Komponenten dienen dazu, einen möglichst guten Schutzfilm auf den Lippen zu erzeugen. Das Gerücht Lippenpflegeprodukte würden süchtig machen, rührt wahrscheinlich von den Eigenschaften dieser Rohstoffe her, denn der Schutzfilm ist spürbar und angenehm. Und daran gewöhnt man sich gerne.

Natürlich gibt es noch viele weitere Rohstoffe, die in Lippenpflegeprodukten zum Einsatz kommen. Am Interessantesten sind wohl die, die auch einen spürbaren Effekt auf der Lippe hervorrufen wie Menthol, Campher, Thymol oder Eukalyptusöl. Sie haben einen leicht kühlenden Effekt, der aber nicht von allen als angenehm empfunden wird.

Kaputte Lippen

Sind die Lippen aber erst mal spröde und eingerissen oder hat sich sogar ein Herpes breit gemacht, reicht die normale Pflege nicht aus. Hier helfen jetzt nur noch Produkte, die die Heilung fördern, mit Panthenol, Zink oder ein Virustatikum.

Mein Mann grinste: „War doch eine tolle Idee, das mit dem Wald, oder?“ und erwartete Lob und einen leidenschaftlichen Kuss. „Sorry“, hauchte ich und warf ihm einen Luftkuss zu. „Muss erst mal was auf meine Lippen tun….“

Foto: ©istockphoto.com/Kharichkina

Autor dieses Artikels:
Dr. Ghita Lanzendörfer-Yu ist promovierte Chemikerin und Expertin auf dem Gebiet der Entwicklung und Produktion von Kosmetika. Sie bringt mehr als 16 Jahre Erfahrung in der kosmetischen Industrie mit sowie vier Jahre freiberufliche Erfahrung in Shanghai, China.

Urheberrecht: Dr. Ghita Lanzendörfer-Yu. Verwendung des Textes nur mit schriftlicher Genehmigung des Autors.

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