Alkohol ist außerhalb der Kosmetik dennoch ein ziemlich umstrittener Stoff: Bekannt ist er für seine toxische Wirkung (siehe auch: Gefahr und Risiko – von falscher Sicherheit zur Panik) mit Suchtpotential, dennoch genießen wir ihn als Alltagsdroge und nutzen seine desinfizierende Wirkung. Gleichzeitig ist er ein gutes Lösungsmittel für Pflanzenwirkstoffe, Trägersubstanz in Parfüms und wird in Biokraftstoffen eingesetzt. Weiterhin sind Alkohole in der chemischen Synthese nicht wegzudenken. Alkohol – ein chemischer Allrounder.
Alkohole – ein bisschen Chemie vorab
Ethanol ist ein einwertiger aliphatischer Alkohol, er ist es, den wir umgangssprachlich als Alkohol bezeichnen. (Strukturformel: CH3-CH2-OH) Alkohole erkennt auch der Laie an ihrer Endung -ol. Chemisch sind Alkohole eine wirklich große Familie, die von linearen einwertigen Alkoholen (Methanol, Ehtanol …. Cetylalkohol usw.) reicht bis zu mehrwertigen verzweigten Alkoholen, zu denen man z.B. Zucker zählt. Klar kann man sie chemisch herstellen, aber auch in der Natur sind sie zahlreich vorhanden. Schauen wir uns aber zunächst DEN Alkohol, Ethanol genauer an: Er ist eine klare, farblose Flüssigkeit mit einem Siedepunkt von 78°C und in jedem Verhältnis mischbar mit Wasser. Er wirkt denaturierend auf Proteinen und Nukleinsäuren, stört die Konformation von Biopolymeren = Konservierungshelfer. Er verdunstet mit Kühlwirkung und erweitert Gefäße.
Alkohol und die Haut
Na klar, die Dosis macht das Gift: Hochkonzentriert ist Alkohol reizend (ab 80%) und wirkt dann dummerweise auch nicht mehr desinfizierend, weil er die Bakterienmembran härtet. Die Hautreinigung mit Alkohol führt zur Entfettung. Auch hier gilt, in verdünnter Form ist das bei gesunder Haut kein Problem, der schützende Hydro-Lipid-Film bildet sich schnell neu oder wird durch die Tagescreme unterstützt.
Den Bärendienst in der Hautverträglichkeit hat uns allerdings der Gesetzgeber selbst eingehandelt. Nämlich mit der Branntweinsteuer, die auch für Alkohol zu entrichten ist, der in Kosmetika eingesetzt wird. Zur Umgehung derselben, muss der Alkohol vergällt werden. In der INCI steht dann Alcohol denat.. Ja und die Vergällungsmittel waren in der Vergangenheit das, was den Alkohol unverträglich machte, nicht nur für den „Genuss“, sondern auch für die Haut. Heute setzt man statt umstrittener Phthalate (auch als Weichmacher in Plastik bekannt) für kosmetischen Alkohol Isopropanol ein (siehe auch http://de.wikipedia.org)
Einsatz in Kosmetika
Prinzipiell kann Alkohol in jedem Kosmetikum eingesetzt werden, allerdings ist er in einigen Produkten häufiger zu finden.
Parfums: Das ist der klassische Einsatzort für Alkohol, denn er dient zur Mischung dieser meist sehr unterschiedlichen Duftstoffe, verdunstet schnell und hat wenig Eigengeruch.
After Shave: Ja Männer, Ihr kennt keinen Schmerz und deswegen muss hier Alkohol rein, macht aber auch frisch und hilft bei Hautunreinheiten.
Gesichtswasser: Dort, wo es gegen Pickel helfen soll, da macht Alkohol Sinn, der positive Nebeneffekt: Konservierungsmittel können niedriger dosiert werden.
Haarspray: Früher war ja ein Verwandter des Ethanols enthalten, Isopropanol, das auch mit seinem typischen Geruch immer noch mit Haarspray assoziiert wird. Alkohol und andere organische Lösemittel (Dimethyl Ether) sind aber wichtig, um die Filmbildner zu solubilisieren und sorgen für einen guten Halt.
Nagellackentferner: Ist eigentlich der Lösemittelcocktail schlechthin, denn anders als mit Aceton oder Ethyl Acetate bekommt man trockenen Nagellack schlecht ab. Weil es aber klassische Lösungsmittel sind, versucht man sie so gering wie möglich zu dosieren. Dabei hilft Alkohol.
Deodorant: Ja auch hier ist Alkohol wichtig, besonders in Präparaten, in denen a) kein Aluminium Chlorhydrate eingesetzt wird und die b) kein Spray sind. Also im klassischen Roll-on oder Zerstäuber. Alkohol sorgt dafür, dass die Sensorik dieser Produkte weniger fettig ist und ein trockenes, frisches Hautgefühl entsteht (siehe auch: Sensorische Eigenschaften von Kosmetika).
Sonnenschutzpräparate: Gerade wenn hohe Lichtschutzfaktoren erreicht werden sollen und / oder höhere Wasserfestigkeit, dann nur mit Alkohol. Alkohol verbessert die Löslichkeit organischer Lichtschutzfilter, verfeinert die Sensorik und hilft bei der Filmbildung.
Und jetzt zum Rest der Familie
Schon besoffen? Von so ein bisschen Ethanol? Die Kosmetikwelt ist aber voll von Alkoholen. Beste und wichtigste Vertreter sind sicherlich Butylene Glycol und Propylene Glycol, zweiwertige Alkohole, die ebenfalls gute Solubilistoren sind und auch der Hautbefeuchtung dienen. Noch besser ist allerdings Glycerin (siehe auch: Gegen trockene Haut – was hilft?), das auch Glycerol genannt wird. Das ist der Hautbefeuchter schlechthin. Dann gibt es noch die große Familie der Fettalkohole (Cetylalkohol, Stearylalkohol usw. siehe auch: Stearin, Palmitin, Paraffin – eine adventliche Auseinandersetzung) und die Zucker, die Polyole.
Und wer jetzt abstinent leben will? Schaut auf die INCI oder fragt seine Haustiere. Diese sind nämlich strickte Anti-Alkoholiker und verweigern auch den Genuss von homöopathischen Mitteln oder Bachblüten, selbst wenn ihnen nur wenig Alkohol zugesetzt ist.
Foto: ©iStock.com/alphavisions
Autor dieses Artikels:
Dr. Ghita Lanzendörfer-Yu ist promovierte Chemikerin und Expertin auf dem Gebiet der Entwicklung und Produktion von Kosmetika. Sie bringt mehr als 16 Jahre Erfahrung in der kosmetischen Industrie mit sowie sieben Jahre freiberufliche Erfahrung in Shanghai, China und Mülheim adR.
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