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Parfum: Die Chemie des Duftes

Geruch wird durch Moleküle ausgelöst, die aufgrund ihrer Chemie und Struktur im olfaktorischen Bulbus der Nase „andocken“ können und ein ganz bestimmtes Dufterlebnis erzeugen. Ob wir nun am Blumenstrauß schnuppern, am Schokoladenkuchen oder am Parfumflakon - ob wir nun wollen oder nicht - wir riechen Chemie.

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Das weltgrößte Chemielabor betreibt die Natur. Hier „arbeiten“ Pflanzen, Tiere, Pilze und Mikroben und synthetisieren eine Vielzahl wohl- oder auch übelriechender Substanzen. Es gehört zur Kulturgeschichte des Menschen, dass wir versuchen diese Düfte zu isolieren und für uns zu verwenden (siehe auch: Das Parfum: Duft und Emotion).
Welche Substanzen natürlicherweise nun für den Duft verantwortlich sind, wurde aber erst nach und nach mit der Verfeinerung der Analysemethoden entdeckt. Mittlerweile sind es nicht nur Substanzen aus dem Labor der Natur, sondern auch aus denen der Chemiker, die in Parfums Verwendung finden – und es werden immer mehr.

Das berühmteste Parfum der Welt – Chanel N°5

Wo wir schon bei der Chemie sind: Chanel N°5 wurde auch deswegen so berühmt – und erfolgreich, weil der Parfumeur Ernest Beaux 1921 den Mut hatte, ziemlich große Mengen einer damals neuartigen Stoffgruppe einzusetzen – Aldehyde. Diese verstärken die florale Strahlkraft  von Jasmin, der in diesem Parfum auch nicht zu knapp enthalten ist. Coco Chanel gefiel es, sie wollte was modernes, anderes, das trotzdem feminin sein sollte. Das gelang ihr.

Jasmin und andere Blüten

Das Extrahieren des Duftes aus Blüten ist eine aufwendige und teure Angelegenheit. Verwendet man Wasserdampfdestillation oder die direkte Extraktion mit Lösungsmitteln, duftet das Extrakt oft nicht so wie die Blüte selbst. Die schonendste Methode ist die Enfleurage, die natürlich auch in dem Roman „Das Parfum“ von Patrick Süßkind von seinem Helden Grenouille verwendet wird. Bei der Enfleurage werden im Fall von Jasmin etwa 8 Millionen Blüten (1000 kg) mit Fett extrahiert. Man erhält dann etwa 2,3 kg konkreten Jasmin und durch Extraktion mit Alkohol den sogenannten Absolute. Die Kosten? Fast unerschwinglich damals wie heute. Heute wird deswegen synthetischer Jasminduft eingesetzt, der dem natürlichen zu etwa  75% entspricht: Benzylalcohol, Benzylacetat, Benzylbenzoat, Linalool als Hauptkomponenten und Jasmon und Indol  als geruchsspezifische Komponenten.  Indol ist übrigens ein Stoff, der nur in höchster Verdünnung einen angenehmen Duft hat, konzentriert stinkt er bestialisch nach Fäkalien. Jasmin selbst ist in fast 80% aller Parfumkreationen enthalten.

Zitrusdüfte

Die Düfte der Zitrusfrüchte, heißt hier der Schalen, fehlt in keinem Parfum. Und eine ganze Kategorie „lebt“ sozusagen davon – das Eau de Cologne. Die Parfumeure verwenden sogenannte Agrumenöle, die durch Auspressen der Schalen gewonnen werden. Das sind Orangen, Zitronen, Limetten, Grapefruit, Mandarinen oder Bergamotte. Wichtigster Inhaltsstoff aller Zitrusöle ist (+)-Limonen, das je nach Art bis zu 97% ausmachen kann.

Gewürze, Hölzer und Harze

Während balsamische und holzige Duftnoten als Basisnoten in Parfums Verwendung finden, werden Gewürznoten (überwiegend Zimt und Gewürznelke) eher sparsam eingesetzt und kommen in der Herznote vor. Gerne werden für Herrenparfums auch Küchenkräuter verwendet, ganz besonders gerne Basilikum. Bei den Holznoten sind sicherlich Patchouli und Sandelholz am bekanntesten, bei den balsamischen werden häufig  Benzoe, Vanillin und Weihrauch benutzt.

Animalische Duftstoffe

Kein Parfum, das nicht Komponenten animalischen Ursprungs enthält, die mit ihrem süßlich, pudrigem, animalischen Duft die Basisnote fast jeden Parfums bilden. Sie sind auch aus Haushaltsmitteln wie Waschpulver und Seife nicht wegzudenken. Diese Duftstoffe wurden ursprünglich von Tieren gewonnen wie vom Moschushirsch, der Zibetkatze oder dem Biber. Heutzutage werden diese Duftstoffe synthetisch hergestellt. Ambra, übrigens auch ein animalischer Duftstoff, ist ein Stoffwechselprodukt der Wale.

Synthetische Duftstoffe am Beispiel Moschus

Der Charme der Synthese ist nicht nur das Kopieren oder Verbessern natürlicher Duftstoffe, sondern auch, dass  völlig neue Dufterlebnisse kreiert werden können, die so in der Natur nicht vorkommen. Ein Beispiel hierfür ist Calone 1951, mit dem ein völlig neuer Dufttrend gesetzt werden konnte, nämlich die nach Ozean duftenden Parfums.

Einer der wichtigsten Duftstoffe aber ist Moschus und so verwundert es nicht, dass hier viel Analyse- und Synthesearbeit hineingesteckt wurde. Das Original wurde aus den Drüsen des männlichen  Moschushirschen gewonnen, der mittlerweile auf der Liste der gefährdeten Tiere steht. Das duftende Prinzip ist das (-)- R-Muscon, das erst 1906 isoliert und 1926 erstmals synthetisch hergestellt wurde. Seit 1888 allerdings waren schon andere synthetische Moschusriechstoffe verfügbar, die Nitromoschusverbindungen, die den Moschusduft noch toppen. Diese Stoffe fanden bis in die 1960iger Jahre flächendeckend Einsatz in Parfums und Kosmetika, bis festgestellt wurde, dass sie phototoxische Eigenschaften haben. Viele Parfums mussten umformuliert werden, auch Chanel N°5, denn das enthielt Nitromoschus zu 6%.

Parfum und Allergie

Neue Verbindungen werden heute umfassend toxikologisch untersucht und es versteht sich, dass nur solche eingesetzt werden dürfen, die unbedenklich sind. Aber ob nun direkt aus natürlichen Quellen gewonnen oder synthetisch hergestellt, gegen viele Parfuminhaltsstoffe gibt es erwiesenermaßen häufiger Allergien. Deswegen fordert der Gesetzgeber, dass 26  Parfuminhaltsstoffe gesondert deklariert werden müssen (siehe Liste).

Die Nase voll von so viel Chemie? Oder gerade auf den Geschmack gekommen? Dann sind hier noch ein paar Tipps zum Weiterlesen:

http://www.enotes.com/perfume-66380-reference/perfume
Ohloff, Pickenhagen, Kraft: Scent and Chemistry, Wiley-VCH (2012)
Ohloff: Irdische Düfte Himmlische Lust, Insel 1. Aufl. (1996)

Foto: ©Dr. Ghita Lanzendörfer-Yu

Autor dieses Artikels:
Dr. Ghita Lanzendörfer-Yu ist promovierte Chemikerin und Expertin auf dem Gebiet der Entwicklung und Produktion von Kosmetika. Sie bringt mehr als 16 Jahre Erfahrung in der kosmetischen Industrie mit sowie vier Jahre freiberufliche Erfahrung in Shanghai, China.

Urheberrecht: Dr. Ghita Lanzendörfer-Yu. Verwendung des Textes nur mit schriftlicher Genehmigung des Autors.

Dieser Artikel wurde verfasst am 2. April 2013
von in der Kategorie Geheimnis Kosmetik

Dieser Artikel wurde seitdem 6588 mal gelesen.

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