Wollt ihr den totalen Schutz?
Lichtschutzfilter: Was sind gute UV-Filter?
Ich fühle mich in den Plot eines Science Fiction Thrillers versetzt. Die Bedrohung kommt aus dem Weltall: Kosmische Strahlung prasselt auf die Erde und verursacht Falten und Krebs. Wir Menschen waren bei unseren Aktivitäten dieser Strahlung ungeschützt ausgesetzt. Seit etwa 80 Jahren gibt es Sonnenschutzprodukte, in denen chemische UV-Filter eingesetzt werden. Doch nun beschleicht die Menschen Angst vor der Gefahr der Lichtschutzfilter aus der Tube….
Sonnenbaden ist also alles andere als ein Wohlfühlthema: Permanent warnen uns Ärzte, Verbraucherverbände oder Krankenkassen vor dem hemmungslosen Zuviel. Die Zeitschriften und das Internet sind voll von guten Tipps zum Sonnenschutz. Und in den gleichen Medien finden wir wieder Horrormeldungen über Lichtschutzfilter, die uns ja eigentlich schützen sollen. Wie bekommt man das nun alles unter einen (Sonnen-)Hut?
Das Leben ist gefährlich!
Eigentlich könnte es auch heißen: no risk no fun. So jedenfalls funktioniert das Leben auf der Erde. Nur mit der Sonne und des von ihr ausgesendeten elektromagnetischen Spektrums (siehe Beauty-Lexikon) entsteht Leben und sind bestimmte Stoffwechselmechanismen möglich, wobei alle irdischen Lebewesen gleichzeitig Schutzmechanismen ausbilden. Bei uns Menschen aktiviert UV-Licht die Atmung, regt Durchblutung, Stoffwechsel und Drüsentätigkeit an und stimuliert die Abwehrkräfte des Körpers gegen Infektionen; Blutdruck und Cholesterinspiegel werden gesenkt. Von der Stimmungsaufhellung ganz zu schweigen (siehe auch: Winter, Sonnenlicht, Winterdepression und die gute alte Sonnenbank). Als Schutz bildet die Haut Melanin, das uns vor zu viel UV-Strahlung schützt und zu dem (erstrebenswerten) gebräunten Teint führt.
Die Schäden durch UV-Strahlung wiegen die Vorteile fast schon auf. Akut führt die Bestrahlung zu einer Verbrennung, dem Erythem oder Sonnenbrand. Langfristig kann die Bestrahlung mit UV-B zu Schäden am Erbgut und schließlich zu Krebs führen. Das etwas kurzwelligere UV-A ist da nicht besser. Es dringt tiefer in die Haut ein und führt dort zu Veränderungen des Kollagens und letztendlich zu Falten. Beide Strahlungsarten stehen im Verdacht durch die Unterdrückung einer Immunantwort Krebs zu begünstigen.
Die Verwendung von Sonnenschutzprodukten macht also wirklich Sinn.
Abb. 1: Eindringtiefe von UV-Strahlung (Quelle: Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention (ADP) e.V.), Melanozyten sind hier gelb dargestellt.
UV-Filter: Photostabilität und Breitbandwirkung
Aktiver Bestandteil einer Sonnencreme sind die UV-Filter. Sie funktionieren nach einem einfachen Prinzip, wie unser hauteigenes Melanin übrigens auch: Sie absorbieren bestimmte Wellenlängen des UV-Lichtes, das Filtermolekül kommt in einen angeregten Zustand und nach einiger Zeit wird die aufgenommene Energie wieder abgegeben (z.B. in Form von Wärme). Das Molekül ist wieder im Grundzustand. Siehe Abb.2.
Abb. 2: Prinzip der Absorption von UV-Strahlung von Lichtschutzfiltern
Einen guten UV-Filter zeichnen nun mehrere Eigenschaften aus:
Die Anregungs-Abkling-Zyklen sollten häufig durchlaufen werden können, ohne dass das Molekül „kaputt“ geht – das nennt man Photostabilität. Weiterhin soll das Molekül einen möglichst großen Wellenlängenbereich abdecken, idealerweise UV-B und UV-A, das nennt man Breitbandfilter. Ideal ist es dann, wenn das Molekül auch noch einen hohen Extinktionskoeffizienten hat. Der beschreibt, wieviel Strahlungsmenge bei einem Mal absorbiert werden kann. Je höher desto besser und für Produkte mit hohen LSFs sind Filter mit hohen Extinktionskoeffizienten absolut wichtig.
Abb.3: UV-Absorptionsspektren einiger wichtiger UV-Filter *
Gemeinsames Strukturelement aller organischen Lichtschutzfilter ist ein konjugiertes System, das mindestens einen aromatischen Ring enthält, wie unser hauteigenes Melanin eben auch.
Abb. 4: Vergleich Melanin allgemein UV-Filter
Alles wirklich safe?
Organische Substanzen mit aromatischen Ringen – da können einem schon Bedenken kommen, ob das die richtigen Substanzen für die Haut sind. Zumal einzelne UV-Filter in Mengen bis zu 10% eingesetzt werden können. Doch UV-Filter sind umfassend geregelt und stehen auf den Watch-Listen vieler – auch staatlicher – Untersuchungsorgane (siehe: www.bfr.bund.de). Wenn es also eine Substanzgruppe gibt, bei denen toxikologisch wirklich alles untersucht wurde, dann sind das UV-Filter. Die Zulassungsverfahren, die Substanzen durchlaufen müssen, um als Lichtschutzfilter zugelassen zu werden, dauern durchaus schon mal mehr als 10 Jahre! Die Regelungen weltweit sind allerdings nicht einheitlich.
In den USA und Australien z.B. gelten Sonnenschutzmittel als Arzneimittel und werden von den Gesundheitsbehörden überwacht. In Europa und Japan gelten sie als Kosmetika. Dennoch sind die Kriterien wirklich streng. Manchmal so streng, dass sich Verbraucherschutzverbände in den USA bei der FDA beschweren, dass in Europa zugelassene gute Breitbandfilter nicht in den USA zugelassen werden und somit die Bevölkerung einem unnötigen Krebsrisiko ausgesetzt wird!
… und der Lichtschutzfaktor?
Wichtigste „Baustelle“ im Zuge der Harmonisierung aber ist die Messung des Lichtschutzfaktors. Dieser wird in vivo an Probanden durch standardisierte Bestrahlung ermittelt und wurde 2006 als „Internationale Methode zur Bestimmung des Lichtschutzfaktors“ veröffentlicht. Sie gilt in Europa, USA, Japan und Südafrika (siehe auch: www.sonnenschutz-sonnenklar.info). Dennoch wird auch hier immer wieder herumgekrittelt, dass eben nur der Schutz vor Sonnenbrand und nicht der UV-A Schutz gemessen wird (geht leider nicht anders) und auch die Auftragsmenge praxisfern ist (siehe auch: Echte Matheaufgabe: Wieviel Produkt trage ich auf welchem Körperteil auf?).
Wollt ihr den totalen Schutz?
Totaler Schutz in dem gesamten UV-Bereich in gleicher Güte ist alleine mit organischen Lichtschutzfiltern kaum zu machen. Deswegen werden in den meisten Sonnenschutzprodukten auch nanoskalige „Filter“, Titandioxid oder Zinkoxid eingesetzt (siehe auch: Was macht Nano in der Kosmetik?). Anders als organische UV-Filter beruht ihre Wirkung nicht auf Absorption sondern Reflexion. Als Effekt blocken sie das gesamte Spektrum.
Aber auch für „totalen“ Schutz ist eines ganz wichtig: Eincremen! Immer wieder eincremen!
*Man sieht hier (Abb.3) sehr deutlich die Unterscheidung von UV-B Filtern, die ihr Absorptionsmaximum im UV-B haben und im UV-A-Bereich keinerlei Absorption zeigen (Ethylhexyl Triazone, Ethylhexyl Dimethyl PABA, Ethylhexyl Methoxycinnamate) und UV-A Filtern mit einer deutlichen Absorption im UV-A- aber nicht UV-B Bereich (Butyl Methoxydibenzoylmethane). Benzophenone-3 absorbiert gut im kurzwelligen UV-B und UV-AII Bereich, während Terephthalylidene Dicamphor Sulfonic Acid mit seiner breiten Absorptionskurve als Breitbandfilter gilt.
Foto: ©iStock.com/Cimmerian
Abbildung 1: ©Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention (ADP) e.V.
Abbildungen 2, 3 und 4: ©Dr. Ghita Lanzendörfer-Yu
Autor dieses Artikels:
Dr. Ghita Lanzendörfer-Yu ist promovierte Chemikerin und Expertin auf dem Gebiet der Entwicklung und Produktion von Kosmetika. Sie bringt mehr als 16 Jahre Erfahrung in der kosmetischen Industrie mit sowie sieben Jahre freiberufliche Erfahrung in Shanghai, China und Mülheim adR.
Urheberrecht: Dr. Ghita Lanzendörfer-Yu. Verwendung des Textes nur mit schriftlicher Genehmigung des Autors.
Dieser Artikel wurde verfasst am 26. Mai 2015
von Ghita_Yu in der Kategorie Geheimnis Kosmetik
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2 Antworten zu “Lichtschutzfilter: Was sind gute UV-Filter?”
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cathamia
31. Mai 2015 um 17:42
Ein super Artikel. Gar nicht so einfach, den richtigen Sonnenschutz für sich zu finden. Vor allem, wenn man auch noch eine reizfreie Variante sucht. Ich probiere mich gerade durch ganz viel Sonnenschutz und bin ein großer Fan von Daylong geworden
Konsumkaiser
15. Juni 2015 um 00:28
„wollt ihr den totalen schutz“…ist diese anspielung nicht ein wenig over the top? *kopfschüttel*