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Aluminium – haben wir ein Problem?

Ohne Aluminium! Das steht mittlerweile auf vielen Deos drauf. Aluminium wird im Zusammenhang mit Alzheimer und mit Brustkrebs diskutiert. Und google ich Aluminiumfolie, ist der vierte Treffer ein Hinweis auf gesundheitliche Gefahren. Doch jetzt mal „Butter bei die Fische“, wie schlimm ist dieses Element wirklich?

Lila Amethyst

Aluminium, das häufigste Metall der Erde

Ich schnappe mir mein altes Chemielehrbuch: Hollemann-Wiberg. Er ist der Klassiker der Anorganischen Chemie. Dort sind alle Elemente beschrieben und ihre wichtigsten Verbindungen. Er sagt: „Aluminium ist das weitest verbreitete unter allen Metallen der Erdrinde!“ Wir leben also mit diesem Metall sozusagen auf Schritt und Tritt. Allerdings existiert es nicht gediegen, dazu ist seine Affinität zu Sauerstoff zu hoch. In oxidischen Verbindungen kommt Aluminium sowohl anionisch als auch kationisch vor. Damit ist es technisch ein vielseitig einsetzbarer Rohstoff.

Ton, Steine, Scherben

Aluminium ist also wesentlicher Bestandteil vieler Gesteine. Feldspat mit der allgemeinen Formel M[AlSi3O8] ist Hauptkomponente von Granit, Gneis und Porphyr und vielen Eruptivgesteinen z.B. Basalt. Glimmer mit der allgemeinen Formel M5[AlSi3O10] ist die andere häufige Oxidform. Durch die Verwitterung von feldspathaltigen Gesteinen entstehen Tone (1-3), wasserhaltige Aluminiumsilikate. Sie sind wichtige Bestandteile des Bodens. Reines Aluminiumoxid Al2O3 wird auch Tonerde genannt und kommt natürlicherweise als Korund vor. Korund ist die fünfthärteste Substanz der Welt und besitzt große technische Bedeutung. Und auch in Edelsteinen kann Aluminium enthalten sein und gibt diesen dann eine besondere Farbe: Smaragd, Amethyst oder Topas.

Aluminiumverbindungen in der Kosmetik

Zwei der wichtigen Verbindungen habe ich gerade erwähnt. Den Ton, der als Heilerde vielen bekannt ist. Er wird gerne als klärende Maske angewendet (4). Und Glimmer, der die Basis vieler Effektpigmente ist (5). Doch wo wir schon beim Make-up sind: Da werden auch ganz viele andere Aluminiumverbindungen eingesetzt. Kaolin (auch ein Tonmineral) als Füllstoff, Ultramarin Na4[Al3Si3O12]S3 als Blaupigment, Aluminiumhydroxid als Coating für Titandioxid. Weiterhin wird gerne Bentonit verwendet, es ist ein anorganischer Gelbildner, in dem sich auch Pigmente gut dispergieren lassen (6). Auch wird er bei der Herstellung von Oleogelen oder für die Stabilisierung von Nagellacken eingesetzt. Aluminiumstearate wird als Stabilisator für W/O Emulsionen verwendet und ist Bestandteil des Hautpflegeklassikers Nivea Creme (7). Und Zeolith, der auch als Ionenaustauscher (8) eingesetzt wird, wird derzeit im Bereich des Detox groß beworben (9).

Bei allen diesen Einsatzgebieten finden wir es ganz selbstverständlich, dass wir es mit Aluminium zu tun haben. Und alles andere als beängstigend.

Alaun und Aluminium Hydrochlorid

Warum also dann nicht auch bei anderen Aluminiumverbindungen? Essigsaure Tonerde nehmen wir doch auch schon seit unserer Kindheit um kleine Wunden zu desinfizieren. Alaun KAl (SO4)2*12H2O gibt es schon ewig und er wird eingesetzt um kleinere Blutungen zu stillen z.B. als Rasierstein. Diese adstringierenden und blutstillenden Eigenschaften haben einen Grund. Aluminiumverbindungen können Eiweiße fällen (10). Diese Eigenschaft ist auch für die Wirkung von Aluminium Chlorohydrate relevant, das in Antitranspirantien eingesetzt wird (11). Die Poren werden zusammen gezogen und verschlossen, dadurch kommt weniger Schweiß raus. Fertig.

Wie gefährlich ist Aluminium?

Eines vorweg: Wir leben im Zeitalter der Fake News, dem Postfaktischen Zeitalter. Viele Meldungen, gerade im Internet, haben nur ein Ziel: viele Klicks. Und dabei ist es hilfreich, wenn man drastische und überraschende Dinge berichten kann. Wenig davon stimmt. Und leider gibt es auch in der Wissenschaft Leute, die meinen, es so machen zu müssen. Dazu zählen möglicherweise auch die Veröffentlichungen zu dem Zusammenhang von Aluminium mit Alzheimer oder Brustkrebs, deren Aussagen nicht bestätigt werden konnten (12, 13). Doch das interessiert dann die wenigsten.

Aliquot adheret

Wenn man nur mit genügend Dreck schmeißt, dann bleibt schon irgendwann was hängen. Die EU und das BfR haben reagiert, Grenzwerte festgelegt und Hersteller zu Anwendungshinweisen bei Antitranspirantien verpflichtet: „Nicht auf frisch rasierter Haut auftragen“. Die Aufnahme über die Haut ist sowieso eigentlich vernachlässigbar gegenüber der oralen. Alufolie oder gar Schalen zum Garen der Lebensmittel setzen in ungünstigen Fällen viel Aluminium frei. Tuben und Dosen sind in der Regel auf der Innenseite passiviert.
Und nach dem Essen das Zähneputzen nicht vergessen! Denn unsere Zahncremes sind alle mit ausreichend Fluorid ausgestattet, manchmal auch mit Aluminiumfluorid.
Mit der Panikmache vor Fluorid wird übrigens grade die nächste „Sau durchs Dorf getrieben“ (14).

Literatur

(1) Gesteinsverwitterung
(2) Chemische Verwitterung
(3) Bodenkunde
(4) Heilerde DIY Maske
(5) Pinkmelon: Glitter
(6) Bentonite
(7) Nivea Creme
(8) Zeolith
(9) Detox
(10) Alaun
(11) Aluminium Chlorhydrat
(12) Aluminium
(13) Review: Al und Brustkrebs
(14) Fluorid

Foto: ©iStock.com/DrPAS

Autor dieses Artikels:
Dr. Ghita Lanzendörfer-Yu ist promovierte Chemikerin und Expertin auf dem Gebiet der Entwicklung und Produktion von Kosmetika. Sie bringt mehr als 16 Jahre Erfahrung in der kosmetischen Industrie mit sowie sieben Jahre freiberufliche Erfahrung in Shanghai, China und Mülheim adR.

Urheberrecht: Dr. Ghita Lanzendörfer-Yu. Verwendung des Textes nur mit schriftlicher Genehmigung des Autors.

Dieser Artikel wurde verfasst am 1. Januar 2019
von in der Kategorie Geheimnis Kosmetik

Dieser Artikel wurde seitdem 2242 mal gelesen.

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